Tarifverhandlungen + Mitgliederversammlung

Der Frühling kommt und mit ihm kommen die Streiks: Streiks beim öffentlichen Dienst, Streiks bei der Post, Streiks beim Rundfunk. Auch die FESTENFREIEN hatten die gelben Warnwesten schon vorsorglich aus dem Schrank geholt. Doch nach einer weiteren Verhandlungsrunde, einem neuen Angebot der Arbeitgeberseite, jeder Menge nachgelagerter Kommunikation und einer finalen virtuellen Mitgliederversammlung, die die letzten Teilnehmer erst kurz nach 23:30 Uhr mit blutunterlaufenen Augen verließen, stehen die Zeichen jetzt auf Einigung zwischen der MCS und ihren freien Mitarbeitern. So wie es aussieht, und wenn nichts dazwischen kommt, könnten die Tarifverhandlungen der Freien schon bald in ihre abschließende Phase gehen.

Was würde das bedeuten?

Rückwirkend beginnend ab 1. Januar 2023, mit einer Laufzeit von zwei Jahren und drei Monaten, würden die Honorare in vier Stufen um insgesamt 10,38 Prozent steigen. Gestaffelt in mehreren Tranchen gäbe es außerdem eine abgabenfreie Sonderzahlung von 1200 €. Freie Mitarbeiter hätten erstmals Anspruch auf eine Honorarfortzahlung im Krankheitsfall. Die vier Prozent Arbeitgeberanteil zur Pensionskasse Rundfunk wären auch wieder dabei. Mitglieder der Tarifkommission würden eine bezahlte Freistellung für ihre Tarifarbeit erhalten. Und ein zusätzlicher Urlaubstag würde auch dazukommen.

Das ist nicht nichts. Gemessen an dem, was bisher war, ist es fast ein Quantensprung. Dennoch hagelte es bei der Mitgliederversammlung auch eine Menge berechtigter Kritik an diesem Tarifentwurf. Die Versäumnisse vergangener Jahre würden wir auch diesmal nicht aufholen können, nicht einmal die Inflation des vergangenen Jahres auffangen. Und überall gäbe es noch offene Baustellen: bei der Mindesthonorartabelle, bei den halben Schichten, beim Urlaub. Es erhoben sich mehrere Stimmen, die forderten, jetzt Nägel mit Köpfen zu machen, und nicht wieder lauter Kompromisse einzugehen. Dennoch überwogen die Befürworter und am Ende der mehrstündigen Videokonferenz votierte die Mehrheit der Teilnehmer für den Vertragsentwurf, wohl auch aus Skepsis, ob man nach einem Scheitern der Verhandlungen ein besseres Angebot zu erwarten hätte. Über dieses Votum dürfte sich vor allem auch die Arbeitgeberseite freuen, die in ihrem knappen Zeitplan bis zur Firmenfusion zeitnah in die nächsten Tarifverhandlungen für die Festangestellten starten muss.

Sollte alles klappen, hat die MCS bald ihren zweiten § 12a-Tarifvertrag. Er wird nicht alle Probleme lösen, die sich in den letzten 20 Jahren aufgetürmt haben. Aber er ist ein großer Schritt in die richtige Richtung. Und er beweist auch, dass der MDR endlich verstanden hat, wer für ihn in den drei Landesfunkhäusern das Programm herstellt: wir.