Videoeditor Thomas Bonke im Interview: „Fernsehen will ich unter den Bedingungen nicht mehr machen.“

Thomas Bonke arbeitete jahrelang als freier Videoeditor bei der MCS in Dresden, bevor er vor drei Jahren ausstieg und zum SWR ging. Nun, nach 32 Berufsjahren, hat er der Branche endgültig den Rücken gekehrt. Seinen alten Job liebt er immer noch. Um ihn zur Rückkehr zu bewegen, sagt er, müsse sich aber einiges ändern. 

FESTEFREIE: Wie geht es dir? 

Thomas Bonke: Hervorragend! Ich habe Ende September beim SWR aufgehört und bin jetzt seit 1. Oktober 2021 arbeitssuchend. 

FESTEFREIE: Wie kam es dazu? 

Thomas Bonke: Mein Zweijahresvertrag beim SWR ging zu Ende und ich wollte ihn um weitere zwei Jahre verlängern. Aber es hieß, das gehe maximal für ein Jahr, und selbst das wäre ein Kampf. Wie man beim SWR mit den Cuttern umspringt ist krass. Man wird dort als freier Mitarbeiter über zehn, zwölf oder teilweise 15 Jahre hingehalten, und dann bekommt man vielleicht, wenn man lange genug den Bück-dich gemacht hat, eine Festanstellung. Aber meine Frau ist hier in Dresden und mein Sohn ist jetzt 9. Ich habe gesagt: entweder ihr gebt mir jetzt eine Perspektive für mich und meine Familie oder ich gehe wieder weg. Und so kam es dann auch.

FESTEFREIE: Und trotzdem geht es dir hervorragend? 

Thomas Bonke: Ja. Auch finanziell geht es mir super. Ich habe beim SWR deutlich mehr verdient als bei der MCS, was an dem dort geltenden Tarifvertrag liegt und der entsprechenden Anerkennung von Berufsjahren. 

Mein Arbeitslosengeld jetzt ist sogar höher als mein Nettoeinkommen damals bei der MCS war

FESTEFREIE: Warum bist du Cutter geworden? 

Thomas Bonke: Ich brenne einfach für Filme. Ich habe direkt nach dem Abitur angefangen, damals noch beim Fernsehen der DDR und dann nach der Wende beim DFF. Am ersten August wären es genau 33 Jahre, die ich beim Fernsehen bin. Eigentlich wollte ich nach meinem Ausstieg den Avid und die Fotoausrüstung verkaufen. Aber ich komme davon noch nicht richtig weg. Ich habe immer noch Lust darauf, mich an das Schnittpult zu setzen und Filme zu machen.

FESTEFREIE: Du hast 2019 nach 14 Jahren bei der MCS aufgehört – warum?

Thomas Bonke: Ausschlaggebend war der geringe Verdienst, vor allem im Vergleich mit dem Gehalt, das ein festangestellter Cutter beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk für die gleiche Tätigkeit und mit der gleichen Berufserfahrung bekommt. Im Verhältnis dazu fand ich es einfach ungerecht, wie wenig man bei der MCS verdient hat. Ich saß dort neben gestellten MDR-Kollegen, die im selben Jahr angefangen hatten und genau das Gleiche machten wie ich, aber mindestens 30 % mehr verdienten.

FESTEFREIE: Hättest du dich nicht beruflich in der MCS oder im MDR neu orientieren können?

Thomas Bonke: Ich habe damals versucht, mich bei MDR Online einzubringen. Anfangs wurde das auch vom MDR unterstützt, ich durfte zum Beispiel an Lehrgängen teilnehmen. Auch die Redaktion fand meine Initiative gut. Sie brauchten ja Leute. Doch als ich beim MDR-Verwaltungschef nach einem Job anfragte, war die Antwort nur: „Was will ein Cutter bei Online?“ Es ist dann nichts daraus geworden. Bei der MCS dagegen hatte man mir sogar einmal eine Festanstellung angeboten. Aber das vorgeschlagene Bruttogehalt war in Anbetracht meiner 30 Jahre Berufserfahrung dermaßen niedrig, dass später meine Arbeitsberaterin darüber nur die Hände über dem Kopf zusammenschlug.

FESTEFREIE: Jetzt wohnst du wieder in Dresden. Denkst du trotz allem manchmal über eine Rückkehr zur MCS nach?

Thomas Bonke: Fernsehen unter den Bedingungen, die ich vor drei Jahren bei der MCS und auch beim SWR erlebt habe, will ich nicht mehr machen. Bei der MCS ist es ganz einfach eine Geldfrage. Da bewegte sich gar nichts. Und selbst die Festanstellung, die man mir da angeboten hatte, war einfach lächerlich. Ich hätte gerne in Dresden weitergearbeitet, denn ich bin gerne hier, ich habe meine Familie hier und ich liebe diese Stadt, aber es war wirklich zu frustrierend.

FESTEFREIE: Und beim SWR irgendwann wieder einzusteigen, ist keine Option?

Thomas Bonke: Beim SWR waren es einfach die verkrusteten Strukturen und die fehlende Perspektive. Eigentlich hätten sie mich dort gerne behalten.

Die Redaktion hat sogar eine Unterschriftensammlung für mich gestartet, damit ich bleibe und einen Vertrag bekomme

Aber die Personalabteilung hat gesagt: Das machen wir nicht. 

Auch hier in Dresden sprechen mich noch hin und wieder Redaktionskollegen von früher an und sagen: Hast du nicht Bock, wieder zurückzukommen? Du bist doch so gut, und Leute wie dich bräuchte man. Aber da müssten sich wirklich erst mal einige Dinge ändern. Ich würde mich nicht nochmal als freier Mitarbeiter so herumschubsen lassen. 

FESTEFREIE: Wenn dein Sohn eines Tages den Wunsch hegen würde, beim Fernsehen zu arbeiten, was würdest du ihm sagen? 

Thomas Bonke: Ich würde ihm sagen: Wenn du Bilder und Töne liebst, dann versuche, neue Wege zu finden. Mach geile Bilder, mach geile Filme und mach einen Youtube-Kanal auf, womit du Geld verdienen kannst. Aber geh nicht zum Fernsehen. 

FESTEFREIE: Was würdest du den Mitarbeitern der MCS raten, die im Oktober in die neuen Tarifverhandlungen starten? 

Thomas Bonke: Bleibt einfach hartnäckig, bleibt dran und versucht eure Ziele umzusetzen. Denn ihr habt es verdient.